Sie warten den ganzen Tag und haben nichts zu tun. Manche von ihnen warten nur ein paar Tage, andere wochenlang, in manchen Fällen harren sie einige Monate aus. Alle sind Flüchtlinge, die auf der Insel Rhodos gelandet sind. Sie kommen aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan. Als wir sie besucht haben, sahen sie sich einen alten Film mit Charlie Chaplin an. Die Bilder wurden mittels eines alten Projektors auf eine schmutzige Wand geworfen. Sie verbringen die Zeit, so gut sie können, und warten auf eine Entscheidung seitens der Europäischen Union über ihre Zukunft.
"Es sind zur Zeit an die achtzig Menschen hier", sagte uns der alte Grieche, der das Zentrum betreibt. "Sie sind alle vor den tragischen Ereignissen in ihren Heimatländern geflohen. Wir haben hier Christen aus Erbil, Muslime aus Aleppo sowie irakische Flüchtlinge und Libyer. Es gibt sowohl Erwachsene wie auch Kinder, und in manchen Fällen ganze Familien" fuhr er fort.
Pater Luke, der Gemeindepfarrer von Rhodos, ist Franziskaner der Kustodie des Heiligen Landes. Von ihm erfahren wir: "Es sind viele Touristen, die jedes Jahr hierher kommen. Als sie von den schrecklichen Umständen hörten, unter welchen diese Menschen leben, fingen sie an, bei ihrem Besuch der Sonntagsmesse auch Lebensmittel mitzubringen. Sie waren wirklich sehr großzügig. Trotzdem stellten diese letzten Monate eine große Herausforderung dar. Es mangelt an Infrastruktur; alle Menschen können nicht untergebracht werden. Manche Flüchtlinge mussten in Zelten schlafen. Es gibt weder Toiletten noch warmes Essen. Zum Glück haben sowohl die Bürgermeister wie auch die Hotels vor Ort große Solidarität gezeigt, um die Bedürfnisse zu decken." Aber auch ihre Großzügigkeit hat ihre Grenzen.
Die Insel Rhodos "lebt" in der Tat nur während der Sommermonate, wenn die Touristen scharenweise dorthin strömen; im Winter müssen die Einheimischen von dem leben, was sie im Sommer erwirtschaftet haben. "Viel gibt es nicht hier, abgesehen von kleinen Bauernhöfen," erzählte uns Pater Luke.
Kleider hängen an einer Schnur, die Wände dieses ehemaligen Schlachthofes sind verschimmelt - so sieht es in diesem Flüchtlingslager aus. "Ich möchte der Association pro Terra Sancta herzlich dafür danken, dass sie sofort mit der Überweisung von Geldmitteln auf den Notfall reagiert hat, aber es reicht immer noch nicht!" Die Flüchtlinge brauchen alles. Selbstverständlich benötigen sie grundlegende Güter, aber wir müssen laut Pater Luke unseren Blick auch auf die Bildung richten. "Ich mache mir große Gedanken um die Kinder. Ich bringe ihnen immer Schokolade, Kekse und Spiele mit, wenn ich sie besuche, aber sie brauchen auch eine Schulbildung. Manche von ihnen besuchen seit zwei Jahren keine Schule mehr. Es ist wirklich ungerecht."
Betrachtet man die Kinder beim Spielen mit einem Ball, bei dem die Luft fehlt, wird es einem klar, dass ihnen vorrangig eine Zukunft in Aussicht gestellt werden muss; aber ohne Bildung gibt es keine Zukunft. "Wir wollen zur Schule gehen," sagen uns die Kinder, "wir haben es satt, den ganzen Tag zu spielen."
Seit Jahren versucht die Association pro Terra Sancta Pater Luke zu unterstützen, indem sie diese Not mit Hilfe von Spenden lindert. Aber das ist nur ein Tropfen auf einen heißen Stein; die Not ist zu groß. "Die Menschen spenden nicht mehr, weil sie der Meinung sind, das Flüchtlingsproblem in Rhodos sei schon gelöst. Aber das ist leider nicht der Fall. Man sieht die Flüchtlinge einfach nicht mehr, weil man sie weit weg außer Sicht der Touristen untergebracht hat".
Zum Beispiel die zwei Männer, die uns grüßten, als wir die Stadt verließen. Sie lagen mit anderen zusammen auf Feldbetten; alle langweilten sich; manche waren am Rauchen; sie träumten von dem Tag, an dem ein Boot sie an ein sicheres Ufer bringen würde, oder jemand ihnen zu essen geben würde.